Leitfaden für Arbeitgeber zur Corona-Pandemie
Seit 11.03.2020 betrachtet die WHO (World Health Organisation) die durch das CORONAVIRUS ausgelöste Krise als PANDEMIE. Unternehmen, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, sind verunsichert.
Was ist mit Blick auf die arbeitsvertraglichen Fürsorgepflichten nun veranlasst? –
EIN LEITFADEN FÜR ARBEITGEBER
Im Unternehmen gibt es keinen nachgewiesenen Coronafall. Was sollte der Arbeitgeber tun? Einige Empfehlungen:
- Die betrieblichen Abläufe können und sollten möglichst normal aufrechterhalten werden. Es besteht keine Veranlassung, Arbeitnehmer vorsorglich heim zu schicken.
- Als Unternehmensverantwortliche sollten Sie selbst laufende Informationen zur Entwicklung einholen, zum Beispiel auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts.
- Machen Sie sich mit den Begrifflichkeiten vertraut. Wann ist überhaupt ein Verdacht auf Corona begründet: Hierzu definiert das Robert-Koch-Institut:
„Der Verdacht auf COVID-19 ist begründet, wenn bei Personen mindestens eine der beiden folgenden Konstellationen vorliegt:
- Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere oder unspezifischen Allgemeinsymptomen UND Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19
- Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere UND
Aufenthalt in einem Risikogebiet
Bei diesen Personen sollte eine diagnostische Abklärung erfolgen.“
- Halten Sie Ihre Mitarbeiter über wichtige neue Entwicklungen z.B. per Rundmail, informiert halten, aber verbreiten Sie keine Panik.
- Informieren Sie die Mitarbeiter über sinnvolle Hygienemaßnahmen z.B. per Rundmail (häufiges gründliches Händewaschen, keine Begrüßung per Handschlag, Bedienung von Klinken und Liftknöpfen mit bedeckten Körperteilen, Nies- und Hustenetikette)
- Stellen Sie (virale) Desinfektionsmittel in Arbeitsräumen und Toiletten bereit und fordern Sie zur Benutzung derselben auf.
- Identifizieren Sie gefährdete Gebiete anhand von Reisewarnungen des Auswärtigen Amts, des Robert-Koch-Instituts oder der WHO und sagen Sie Dienstreisen in solche Gebiete ab.
- Fordern Sie Ihre Arbeitnehmer auf, das Unternehmen zu informieren, wenn sie innerhalb der letzten zwei Wochen mit Personen Kontakt hatten, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder unter Infektionsverdacht stehen und/ oder, wenn sie in einem Risikogebiet waren. Risikogebiete werden auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes (RKI) laufend aktualisiert: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html
- Private Reisen in Risikogebiete können den Angestellten nicht verboten werden, Sie sollten vor diesen jedoch warnen.
- Sagen Sie möglichst alle Veranstaltungen ab.
- Machen Sie Notfallpläne für den Ernstfall. Als Geschäftsführer oder Gesellschafter sollten Sie Maßnahmen zur Vermeidung von Nachteilen für das Unternehmen vorbereiten! Installieren Sie zB, wenn und soweit möglich und zulässig Home Office Arbeitsplätze und statten Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend aus, damit diese im Ernstfall von zuhause aus arbeiten können. Fordern Sie im Rahmen einer Arbeitsanweisung Ihre Mitarbeiter auf, jeden Abend bei Dienstschluss alle erforderlichen Geräte, die für die tägliche Arbeit benötigt werden, wie zB Notebook, My Identity Stick etc., mit nach Hause, um von dort aus arbeiten zu können, wenn dies wegen Covid 19 erforderlich wird.
- Sollte ein Mitarbeiter mit coronatypischen Symptomen (siehe Seite des RKI) bei Ihnen im Betrieb arbeiten, so können Sie aufgrund Ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber gegenüber diesem Mitarbeiter und den anderen Kollegen als Arbeitgeber abwägen, ob Sie diese Person sofort nach Hause schicken.
Können Mitarbeiter vorsorglich zuhause bleiben? Müssen sie freigestellt werden bzw. haben sie einen Anspruch auf Arbeiten im Home Office?
Solange kein konkreter Coronaverdachtsfall oder ein nachgewiesener Fall im Unternehmen vorliegt, haben die Angestellten weiter die Verpflichtung, zur Arbeit zu erscheinen. Ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub besteht grundsätzlich nicht. Ob ein Anspruch besteht, vom Home Office aus zu arbeiten, bemisst sich nach dem Arbeitsvertrag und den betriebsüblichen Regelungen. Ein Sonderfall liegt wegen Corona derzeit nicht vor.
Mitarbeiter haben Angst vor Ansteckung im öffentlichen Nahverkehr. Müssen sie trotzdem zur Arbeit kommen?
Das so genannte Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer. Niemand muss den ÖNV nutzen. Wie aber der Arbeitnehmer es bewerkstelligt, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen ist seine Angelegenheit und Aufgabe.
Es gibt im Unternehmen einen bestehenden Coronaverdacht oder einen nachgewiesenen Fall – was ist nun zu tun?
- Wegen der hohen Ansteckungsgefahr ist die Infektion meldepflichtig. Die zuständige Gesundheitsbehörde ist auf der Stelle zu informieren und alle Maßnahmen sind mit dieser abzustimmen.
- Die infizierte bzw. einer Infektion verdächtige Person ist sofort von anderen Personen zu isolieren und zu einem Test zu veranlassen. Bis zum Ergebnis ist die Person bezahlt freizustellen.
- Durch Befragung muss sodann ermittelt werden, mit welchen Personen die infizierte Person Kontakt hatte. Für diese Personen gilt dasselbe (Test und Freistellung).
- Zugleich ist im Einzelfall abzustimmen, ob zum Schutz präventiv alle Mitarbeiter bis zur Klärung der Situation heim zu schicken sind. Soweit möglich sollte in diesem Fall auf jeden Fall auf Home Office zurückgegriffen werden. Sollte dies faktisch oder aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht möglich sein, sind die Angestellten bis zur Klärung bezahlt freizustellen.
Wer trägt die Gehaltskosten, wenn die Arbeitnehmer wegen des Coronavirus‘ in Quarantäne müssen?
Wenn Sie den Betrieb im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht und zur Vermeidung schlimmerer wirtschaftlicher Konsequenzen aus eigener Entscheidung schließen, so tragen Sie die finanziellen Risiken der Betriebsschließung.
Zur Milderung negativer Effekte sollte der Abbau von Überstunden angeordnet und zudem versucht werden, mit den Mitarbeitern und gegebenenfalls dem Betriebsrat Vereinbarungen zu treffen, dass zum Beispiel einige Urlaubstage eingebracht werden. Hier ist das Unternehmen jedoch auf das Wohlwollen der Arbeitnehmer angewiesen. Staatliche Hilfen sind bislang nicht vorgesehen. Etwaig kann über die Anordnung von Betriebsferien oder Kurzarbeit nachgedacht werden. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Wenn die Gesundheitsbehörde wegen des Coronavirus‘ ein Tätigkeitsverbot gegen Mitarbeiter verhängt oder Ihren Betrieb schließt, so erhalten die betroffenen Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalls nach dem Infektionsschutzgesetz, die für 6 Wochen Sie als Arbeitgeber zu leisten haben, die Ihnen jedoch auf Antrag von der zuständigen Behörde zurückerstattet wird. Ab der 7. Woche wird den Angestellten eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Es besteht allerdings aktuell keine Rechtssicherheit über das Verhältnis zwischen einem Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz und einem Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber nach § 616 BGB. Ein gewisses Risiko, dass gerade bei nur kurzfristigen Massnahmen der Arbeitgeber mit dem Gehalt belastet bleibt, ist nicht auszuschließen.
Dürfen Angestellte zuhause bleiben, wenn Kinderbetreuungseinrichtungen (Schulen, Kindergärten, Horte, Kitas, Tagesheime) wegen des Coronavirus‘ geschlossen werden? Muss diesen Angestellten weiter Gehalt bezahlt werden?
Arbeitnehmer, deren Kinder wegen der Schließung von Schulen oder Kindergärten/Kitas gezwungen sind, zur Betreuung zu Hause zu bleiben, müssen freigestellt werden, wenn die Beaufsichtigung des Kindes erforderlich ist und keine anderen Aufsichtspersonen verfügbar sind.
Es empfiehlt sich aufgrund Ihrer Fürsorgepflicht, mit dem Arbeitnehmer abzustimmen, dass er soweit möglich Home Office macht, Überstunden abbaut oder Urlaub einbringt.
Die Frage der Bezahlung ist heikel. Bei großzügiger Auslegung kann man zugunsten des Arbeitnehmers für einige Zeit einen Vergütungsanspruch aus § 616 BGB herleiten, wenn dieser nicht vertraglich ausgeschlossen ist. Für wie lange danach Leistungen zu gewähren sind, ist umstritten. In Betracht kommen Zeiträume von wenigen Tagen, bis zu 10 Tagen oder maximal sogar bis zu 6 Wochen.
Danach steht dem Arbeitnehmer keine weitere Zahlung durch das Unternehmen zu. Nach unseren bisherigen Recherchen hat er auch sonst keinen Anspruch gegen andere Stellen auf Ersatzleistungen oder Entschädigung, zB nach § 45 SGB V. Dieses sozialpolitisch brisante Thema ist bisher offenbar noch nicht in das öffentliche Bewusstsein gedrungen.
Bitte beachten Sie, dass wir wie immer auf dieser Seite keinen auf den Einzelfall bezogenen Rechtsrat erteilen können und dürfen. Unsere Hinweise erfolgen nach bestem Wissen, gleichwohl können wir keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernehmen. Dies gilt insbesondere angesichts der rasanten Entwicklung der Coronapandemie. Zahlreiche Fragen in diesem Zusammenhang sind noch nicht abschließend geklärt.
Wir beraten Sie gerne direkt zu diesen Themen. Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen an:
Susanne Schröder
Labour Law
Geschäftsführerin/Managing Director
Partnerin
Rechtsanwältin/Fachanwältin für Arbeitsrecht
Lawyer/Attorney specialized in labour law
Lehrbeauftragte der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft (HDBW) für Wirtschaftsrecht
Sandra Weitl LL.M.Eur.
Labour Law
Rechtsanwältin/Fachanwältin für Arbeitsrecht
Lawyer/Attorney specialized in labour law